Paul Bahlmann

Politik. Treptow-Köpenick.

Leistung muss sich lohnen – auch für Frauen

November 10, 2024

Wir als SPD-Fraktion wollen die Geschichtsarbeit im und für den Bezirk stärken und Leistungsträgerinnen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft belohnen.

Sieben Oscars gewann Oppenheimer 2024. Ein grandioser Film. Über Geschmack lässt sich streiten. Über Tatsachen nicht. Und Tatsache ist: Lise Meitner wird im Film nicht erwähnt. Obwohl sie als „Mutter der Atombombe“ gilt. Einen Nobelpreis hat sie für ihre Arbeit ebenfalls nie erhalten. Der ging an Otto Hahn. Bis heute eine umstrittene Entscheidung. Wir sehen: Selbst in der ach-so-rationalen Wissenschaft und selbst im Jahr 2024 werden Frauen trotz herausragender Leistungen übergangen. Das ist doch altbacken und antiquiert – und ein bisschen peinlich.

Eine der höchsten kommunalpolitischen Ehren ist die Benennung einer Straße. Wer fünf Jahre tot ist, dem oder der kann diese Ehre zuteilwerden. Sie wird in der Regel nur an Menschen mit besonderem Ortsbezug und besonderen Lebensleistungen vergeben. Wer sich in der Stadt umschaut, merkt schnell: Frauennamen sind auch hier deutlich seltener. Das hat natürlich historische Gründe. Historisch waren es Männer, die das öffentliche Leben dominiert haben. Es waren Männer, die über die Leistung anderer entschieden, nicht selten aber die von Frauen hinwegsahen.

Wir als SPD-Fraktion wollen die Geschichtsarbeit im und für den Bezirk stärken und Leistungsträgerinnen aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft belohnen. Dazu regen wir das Bezirksamt an, gemeinsam mit einer Berliner Hochschule ein Lehrforschungsprojekt zu starten. Es sollen Frauen identifiziert werden, die trotz ihres Wirkens bei dieser Ehrung bisher übergangen wurden.

Es ist leider nicht so, wie man es von einer ordentlichen deutschen Verwaltung erwarten würde: Es gibt eine lange Liste von Namen in einer Schublade und wenn eine Straßen- oder Platzbenennung ansteht, wird abgehakt. Im Gegenteil. In der Vergangenheit wurden Ideen und Vorschläge für neue Straßennamen häufig sehr, sehr kurzfristig eingebracht. Das gilt für Männer, wie für Frauennamen. Wir wollen diese kleine, aber für uns als Kommunalpolitiker wichtige Aufgabe endlich systematisch angehen.

Mit unserem Vorschlag, der sich künftig beliebig erweitern ließe, hätten die Gremien der Bezirksverordnetenversammlung nicht nur Zeit, sondern auch Wissen über den Lebensweg einer Person. Die Bewertung einer Lebensleistung könnte fundiert und mit aller Ruhe erfolgen. Es würde die historische Arbeit für den Bezirk als Ganzes stärken.

In der Vergangenheit hat das bezirkliche Kulturamt (unter CDU-Führung) bereits ein ähnliches Lehrforschungsprojekt durchgeführt – zum 100-jährigen Bestehen der Siedlung am Elsengrund. Trotzdem lehnte die CDU-, AfD- und FDP-Fraktion den Antrag ab. Dabei fordern diese Parteien immer laut „Leistung müsse sich wieder mehr lohnen.“ Aber das gilt scheinbar nicht für Frauen. Schade. Beschlossen wurde der Antrag trotzdem. Zum Glück.

/pb

Erschienen im Spreekurier im Dezember 2024